Die Corona-Pandemie ließ Arbeitnehmer virtuell näher zusammenrücken. Da persönliche Treffen nur selten möglich waren, erlebte die Video-Telefonie ihren Einzug in die eigenen vier Wände der Mitarbeitenden. Das brachte aber nicht nur Vorteile mit sich. Kann ein Tag ohne Meeting dem viel zitierten „Meetingwahnsinn“ entgegenwirken? (aktualisiert am 29.11.2023)
Während der letzten Jahre sind einige Studien zu der Veränderung der Meetingkultur veröffentlicht worden. Die Ergebnisse dazu lassen aufhorchen, denn Gesundheit und Produktivität können gleichermaßen leiden.
Meeting-Fatigue und Zeitverschwendung
Bei Meeting-Fatigue oder Zoom-Fatigue geht es um gesundheitliche Belastungen, die durch anhaltende Arbeit am Bildschirm entstehen. Häufig nennen Studien ein reduziertes Konzentrationsvermögen, Ungeduld und die namensgebende Erschöpfung als Symptome dafür.
Daneben bewerten Mitarbeitende eine zu hohe Zahl an Meetings als Produktivitätsbremse. Diese Einschätzung teilen nicht zuletzt Führungskräfte. Im Rahmen einer Studie der Harvard Business School gaben 71% der Befragten an, dass sie Besprechungen für unproduktiv und ineffizient halten. Bei 65% der Führungskräfte gerieten die eigentlichen Aufgaben durch Meetings in den Hintergrund.
Tag ohne Meeting als Lösung?
Das Phänomen scheint kein Einzelfall in Organisationen zu sein. Im Mai 2022 verkündete der Softwarekonzern SAP die Einführung eines Fokus Fridays. In einer Mitteilung, die eine hohe Resonanz bei den Medien erhielt, schrieb Personalchef Cawa Younosi zu den Hintergründen für diesen Schritt: „Wir durchlaufen die Arbeitswoche in Höchstgeschwindigkeit; was aber auf der Strecke bleibt, ist die Möglichkeit, intensiv an Dingen zu arbeiten, Neues zu lernen oder in einer Mittagspause durchzuatmen.“ In Konsequenz soll es bei SAP ab Mitte Mai konferenzfreie Freitage geben, um den Mitarbeitenden mehr ungestörte Arbeit mit Konzentration auf das Wesentliche einzuräumen.
Und SAP war mit diesem Schritt in dieser Zeit nicht alleine. Das US-Unternehmen Slack führte ebenfalls Programme wie einen Focus Friday und Maker Weeks ein, um interne Meetings zu reduzieren und Mitarbeitenden mehr Kontrolle über ihre Zeit zu geben. An Focus Fridays werden keine internen Meetings abgehalten und die Mitarbeiter werden ermutigt, Benachrichtigungen auszuschalten, um ungestört arbeiten zu können. 84% der Slack-Mitarbeiter fanden diese Änderung hilfreich.
Reaktionen mit positivem Tenor
Die Reaktionen auf diese Meldung der SAP fielen auf sozialen Medien wie LinkedIn grundlegend positiv aus. Dennoch verwiesen viele Kommentare auf vergleichbare, etablierte Modelle in anderen Organisationen. Und was ist seitdem passiert? Tatsächlich ist es ruhig um das Thema geworden. Aktuelle Meldungen und Updates sind dazu nicht veröffentlich worden.
Im Gegenteil, gerade die großen Tech-Konzerne haben im großem Stil versucht, das Rad der Zeit zurückzudrehen und ihre komplette Belegschaft für bestimmte Tage zurück in die Büros zu holen. Die internen Widerstände gegen diese Maßnahme sind bezeichnend dafür, welchen hohen Stellenwert die flexible Arbeitsgestaltung bei Arbeitnehmenden hat.
Schluss mit Meetings?
Es drängt sich bei der Recherche doch immer wieder die Frage auf: Welchen Stellenwert oder Auswirkungen haben Meetings eigentlich auf den gesamten Ablauf des Arbeitstages? Wenn Meetings wie weiter oben beschrieben verstärkt negative Effekte haben, ist es fraglich, ob ein Tag ohne Meeting dieses Problem innerhalb der Organisation dauerhaft löst. Vielmehr gilt es doch, die Meetingkultur und damit die verbundene Kommunikation auf den Prüfstand zu stellen.
Ingo Hamm, ehemaliger Consultant und Professor für Wirtschaftspsychologie, stellt ein “minimal Meeting” als zielführendes Konzept in den Raum. Es enthält fünf einfache Maßnahmen, die eine Verbesserung (nicht nur virtuell) mit sich bringen könnten:
- Teilnehmerbegrenzung
- Stoppuhr
- Smartphoneverbot
- Protokoll
- Verbindliche Ergebnisnachverfolgung
Schließlich sind Meetings immer auch eine Form des Miteinanders. Wenn das Miteinander generell gelingt, steht produktiven Meetings nichts mehr im Weg – sonst könnte aus dem Focus Friday schnell der Meeting Monday werden.
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